Der 11. Yokozuna Shiranui Koemon
von Joe Kuroda


Der 11. Yokozuna Shiranui Koemon (auch als Mitsuemon bekannt) wurde 1825 geboren und starb am 24. Februar 1879. Er wird allgemein mit einem Dohyo-Iri-Stil in Verbindung gebracht, den er angeblich erfunden hat und der heute einer der beiden Dohyo-Iri-Stile der Yokozuna ist. Der andere ist der Unryu-Stil, der vom 10. Yokozuna Unryu Kyukichi (1822-1890) abstammen soll.

Die Dohyo-Iri der Yokozuna Unryu und Shiranui wurden damals so für ihre Einfachheit und Schönheit bewundert, dass sie von den späteren Yokozuna-Generationen übernommen wurden. Shiranuis Dohyo-Iri war Berichten zufolge wie ein „weißer Kranich, der majestätisch seine Flügel streckt“.

Die meisten Historiker glauben, dass das, was heute als Unryu-Stil bekannt ist, tatsächlich von Shiranui erfunden wurde, da er beim Dohyo-Iri mit seinem Arm an der Hüfte gezeichnet wurde. Interessanterweise war es der 22. Yokozuna Tachiyama Mine’emon (1877-1941), dem zugestanden wird, dass er den heutigen Shiranui-Stil perfektioniert hat, aber Tachiyama selbst wird mit den Worten zitiert, dass sein Dohyo-Iri auf Yokozuna Unryu basiert und er sah sein Dohyo-Iri als das von Unryu an. Die Verwirrung um die Stile wurde noch nicht gelöst, aber Shiranuis Dohyo-Iri entsprach vermutlich eher dem heutige Unryu-Stil.

In der Unryu-Form des Dohyo-Iri legt der Yokozuna seinen linken Arm an die Hüfte und streckt seinen rechten zur Seite, während er sich erhebt. Die Yokozuna Akebono, Takanohana und Musashimaru zeigten alle das Unryu-Dohyo-Iri, und auch Asashoryu tut das heute. Das Legen des Arms an die Hüfte gilt als defensive Bewegung, während das Ausstrecken des Arms eine offensive Gestik darstellt. Daher gilt der Unryu-Silt als eine sowohl offensive als auch defensive Form.

Im Shiranui-Dohyo-Iri streckt der Yokozuna beide Arme aus, während er sich erhebt, ohne dabei den linken Arm zu beugen und zur Hüfte zu bringen. Ein anderer großer Unterschied ist, dass die Tsuna, das Yokozuna-Tau, mit zwei Knoten statt mit nur einem wie im Unryu-Stil geknotet wird.

Viele Sumofans brennen darauf, das Shiranui-Dohyo-Iri zu sehen, da es nur wenige Yokozuna ausführten, der letzte war der dritte Wakanohana (Masaru). Die meisten Yokozuna, die den Shiranui-Stil wählten, waren entweder nicht erfolgreich oder hatten aus einem anderen Grund nur eine kurze Regentschaft als Yokozuna. Von diesen gewann der 43. Yokozuna Yoshibayama Junnosuke (1920-1977) kein Yusho als Yokozuna, während in jüngerer Vergangenheit die Yokozuna-Karrieren von Wakanohana III, Asahifuji, Takanosato und Kotozakura kurzlebig waren. Da sein Shisho den Shiranui-Stil gewählt hatte, ist es durchaus vorstellbar, dass Ozeki Kotooshu diesen Stil auch wählen wird, wenn er eines Tages Yokozuna wird.

Im Natsu Basho 2007 wird Hakuho einen weiteren ernstzunehmenden Anlauf auf die Yokozuna-Beförderung nehmen. Sollte er das Yusho oder ein Äquivalent gewinnen, wird er nach dem Basho höchstwahrscheinlich zum 69. Yokozuna befördert. Schon jetzt gibt es rege Diskussionen darüber, welchen Stil Hakuho zeigen wird. Hakuho ist aus dem Miyagino-Beya, und dessen Gründer war Yoshibayama. Nach seinem Rücktritt im Januar 1958 erhielt Yoshibayama eine Ichidai-Toshiyori (Oyakata-Name, der nicht weitergegeben werden kann) und gründete den Yoshibayama Sumo Dojo, aber dann erbte er den Miyagino-Namen und der Dojo wurde in Miyagino-Beya umbenannt. Aus diesem Grund wollen viele Fans des Shiranui-Stils, dass Hakuho diese Tradition fortführt. Zufälligerweise gibt es ein Chanko-Restaurant namens „Yoshiba“ in Ryogoku, in dem sich das alte Miyagino-Beya befand und dessen alter Dohyo in dem Restaurant immer noch intakt ist.

Der 11. Yokozuna Shiraui Koemon wurde wurde in der Stadt Ozu in der Präfektur Kumamoto geboren. Sein Großvater trat als Ozeki in örtlichen Amateursumo-Turnieren an, wenn er nicht auf seiner Farm arbeitete. Mit 16 Jahren war der junge Koemon (zu der Zeit noch Minematsu Harano) in der ganzen Gegend bekannt, weil es keinen Gegner gab, der es im Sumo mit ihm hätte aufnehmen können. Vier Jahre später wurde Koemon in Osaka auf Vermittlung eines reichen Grundbesitzers Minato-Oyakata vorgestellt, der heute als der 8. Yokozuna Shiranui Dakuemon bekannt ist. Der Oyakata bekam die Yokozuna-Lizenz vom Haus Yoshida Tsukasa und war in Turnieren in Tokyo, Osaka und Kyoto angetreten. Minato-Oyakata kam ebenfalls aus Kumamoto und hatte nach seinem Rücktritt vom aktiven Sumo große Macht im Osaka-Sumo.

Minato-Oyakata war sofort begeistert vom jungen Koemon, da er nicht nur aus Kumamoto stammte, sondern der Junge auch gutaussehend war und trotz seines bäuerlichen Hintergrunds eine helle Haut hatte. Seine Fähigkeiten und sein Aussehen erzeugten später große Popularität und er wurde von einer großen Zahl weiblicher Fans begeistert verfolgt. Seine Bilder waren bekannt dafür, ausverkauft zu sein, sobald sie veröffentlicht wurden.

Koemon gab sein Dohyo-Debut mit zwanzig Jahren zuerst als Shingari Minematsu im Osaka-Sumo und wurde sofort der dominante Mann. Da Minato-Oyakata sein Potential erkannte, nahm er ihn 1850 mit nach Tokyo (zu der Zeit noch Edo). Shingari gab sein Tokyo-Sumo-Debut im November Basho 1850 als Makushita Nidanme Tsukedashi aus dem Sakaigawa-Beya.

Shingari verbesserte sein Ergebnis in jedem Basho, aber aufgrund der alten Praxis stieg sein Banzuke-Rang nur allmählich. Nach acht Jahren im Tokyo-Sumo wurde Shingari im November Basho 1856 endlich zum Maegashira befördert, unter dem Namen Shingari Katsugoro. Im darauffolgenden Basho im Januar 1857 gab ihm sein Shisho das neue Shikona Shiranui Koemon (nach seinem eigenen Shikona). Koemon war schon 31 Jahre alt.

Das Shikona „Shiranui“ kommt von der Stadt Shirani (heute Teil von Uke City) in der Präfektur Kumamoto. Der Stadtname basierte auf einem Naturphänomen: Es wurde berichtet, dass mysteriöse Flammen auf dem nahe gelegenen See Ariake erschienen.

Bei seinem Makuuchi-Debut traf Shiranui auf Jinmaku Kyugoro – den späteren 12. Yokozuna. Obwohl Jinmaku noch ein Makushita-Rikishi war, war er schon vielversprechend. Ihr Kampf wurde der am härtesten geführte des Basho und endete mit einer Niederlage Shiranuis. Es wird berichtet, dass Jinmaku beim Kampf gegen Shiranui besonders motiviert war, da er sich von Shiranui verachtet fühlte, als sie sich auf der Straße getroffen hatten. Er grüßte Shiranui herzlich, der aber lachte ihn aus und ignorierte ihn. Während seiner ganzen Karriere konnte Shiranui keinen einzigen Kampf gegen Jinmaku gewinnen, er traf 15 Mal auf ihn und kassierte 13 Niederlagen und zwei Unentschieden.

In seiner Zeit als Rikishi traf Shiranui auf die vier Rikishi, die als die „Vier Awa-Könige“ bekannt waren: Jinmaku, Kimenzan Tanigoro (späterer Yokozuna), Nijigatake Somaemon (späterer Ozeki) und Onaruto Uraemon (späterer Maegashira 2). Sie wurden „Awa“ genannt, da sie beim Herrscher des Tokushima-Gebiets angestellt waren (der auch als Awa bekannt war). Nach langen Jahren des Kampfes und der Beharrlichkeit wurde Shiranui zum März Basho 1862 endlich zum Ozeki befördert. Er war 37 Jahre alt und ein Dutzend Jahre war seit seiner Ankunft in Tokyo vergangen.

Während seinem Debut-Basho als Ozeki gab es einen tragischen Zwischenfall in seinem Heya, der ihn dazu bewog, freiwillig die letzten vier Tage auszusetzen. Der Makuuchi-Rikishi Koyanagi Heisuki des Heya wurde von den niederrangigen Rikishi des Heya wegen seiner ständigen groben Behandlung dieser stark verabscheut. Eines Tages hatten zwei Tsukebito von Shiranui genug von Koyanagi und erstachen ihn. Shiranui hörte den Tumult, griff nach einem Schwert und jagte ihnen hinterher. Einer von ihnen stellte sich später der Polizei und wurde ins Gefängnis gesteckt, der andere floh und sein Schicksal ist unbekannt. Koyanagi kam auch aus Kumamoto und Shiranui wollte nicht mit dem Basho weitermachen, wissend, dass ein aktiver Rikishi während dieses Basho von seinen eigenen Untergebenen ermordet wurde – und das, während er im Zimmer nebenan schlief und es nicht verhindern konnte.

Obwohl seine Ergebnisse als Ozeki weder herausstehend noch bemerkenswert waren, bekam Shiranui Koemon im Oktober 1863 nach drei Basho also Ozeki die Yokozuna-Lizenz vom Haus Yoshida Tsukasa. In diesen drei Basho hatte er 13 Siege, 6 Niederlagen, 2 Unentschieden, 1 Kampfabbruch und 8 Kyujo. Seine Yokozuna-Lizenz basierte deutlich auf seiner unglaublichen Popularität und seiner langen „Dienst“zeit, da er zu diesem Zeitpunkt schon 38 Jahre alt war. Ein anderer möglicher Grund könnte sein, dass das Haus Yoshida Tsukasa in gewisser Weise sein Arbeitgeber war, denn Shiranui war dem Haus von Hosokawa verbunden, dem Herrscher über Kumamoto, der die Gerichtsbarkeit über das Haus Yoshida Tsukasa innehatte.

Auf dem Dohyo war Shiranui für sein Geschick und seine Technik bekannt. Er kam sowohl mit Oshi als auch mit Yotsu zurecht, aber hatte er einmal den Mawashi von rechts gepackt, zeigte er außergewöhnliche Kraft und Schnelligkeit. Er fand auf fast jede Bewegung seiner Gegner eine Antwort; einmal griff er nach dem Bein von Sekiwake Ryogoku Kajinosuke – selbst ein Experte darin, das Bein des Gegners zu packen – und besiegte ihn klar.

Shiranui Koemon trat vom aktiven Sumo nach dem November Basho 1869 zurück. Er war 44 Jahre alt und konnte körperlich nicht mehr weitermachen. Aber er konnte dem Dohyo nicht vollständig fernbleiben. Nachdem er in seine eigentliche „Heimat“ des Osaka-Sumo zurückgekehrt war, erbte er den Namen seines Shisho, Shiranui Dakuemon, und zeigte noch drei Jahre lang das Dohyo-Iri, für das er so bekannt wurde.

Als Chef des Osaka-Sumo arbeitete Shiranui bis zu seinem Tod am 24. Februar 1879 unermüdlich, um die Organisation zu einem finanziell überlebensfähigen Unternehmen zu machen.

Shiranui kämpfte in einer chaotischen Zeit, als die Tokugawa-Dynastie komplett kollabierte. In einer solchen Zeit suchten die Menschen Trost im Ozumo und Shiranui gab ihnen viele erinnerungswürdige Kämpfe gegen großartige Rivalen wie Kimenzan, Jinmaku und Unryu.

Da er erst spät zum Ozeki befördert wurde, sind seine Ergebnisse als Ozeki nicht herausragend, aber in seinen Tagen war er der beliebteste und begehrteste Rikishi. Seine bekannte Dohyo-Iri-Zeremonie wurde oft mehr erwartet als die Kämpfe selbst.

Shiranuis Vermächtnis ist bis heute sichtbar, seine Toshiyori Shiranui wird momentan vom ehemaligen Sekiwake Aobajo Yukio gehalten und natürlich ist der berühmte Shiranui-Dohyo-Iri-Stil nach ihm benannt.


Shiranui Koemon
Geburtsdatum: März 1825
Geburtsort:
Stadt Ozu, Kikuchi-gun, Präfektur Kumamoto (wo seine Statue und sein Grab sind)
Name: Minematsu Harano
Heya:
Minato (Osaka), Sakaigawa (Tokyo/Edo)
Shikona:
Shingari Katsugoro => Shiranui Koemon
Dohyo-Debut:
(als Nidanme Tsukedashi in Tokyo): März 1850
Makuuchi-Debut:
November 1856
Yokozuna-Lizenz:
Oktober 1863
Letzter Basho:
November 1869
Höchster Rang:
Yokozuna
Größe: 
177 cm
Gewicht:
120 kg
Techniken:
Migi-yotsu, yori
Gestorben:
24. Februar 1879
Toshiyori:: Shiranui Dakuemon (der 2. Shiranui)
Makuuchi-Basho:
27 Basho, 119 Siege, 35 Niederlagen, 15 Unentschieden, 9 Abbrüche, 77 Kyujo
Gewonnene Kämpfe:
77,3%
Yusho-Äquivalente:
3



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